«Beleuchtet»: Corinne Frick über die Noveos Wohnkonzepte
Für Menschen, die eine psychische Krise durchgemacht haben, ist die Rückkehr in den Lebensalltag eine grosse Herausforderung. Genau dafür hat Noveos passende Wohnmodelle konzipiert – vom begleiteten Einzelwohnen über die selbstständige Wohngemeinschaft bis hin zum 24h betreuten Wohnen mit interner Tagesstruktur. Diese Konzepte ermöglichen es, individuell auf die Betroffenen einzugehen und ihnen neue Lebensperspektiven zu geben. Wir wollten mehr darüber erfahren und haben nachgefragt – bei Corinne Frick, Betriebsleiterin bei Noveos.
Corinne, was machst du bei Noveos?
Ich arbeite seit Herbst 2013 bei Noveos und bin Betriebsleiterin des Wohnhauses Uster. Zusätzlich unterstütze ich das Team in der Betreuung, dies im Rahmen all unserer Wohnformen.
Wie ist das Noveos Wohnkonzept aufgebaut?
Noveos setzt darauf, möglichst alle Wohnformen anzubieten, die der aktuellen Lebenssituation und den Bedürfnissen der Klient*innen entsprechen. Das geht vom Wohnen mit 24-Stunden-Betreuung und integrierter Tagesstruktur über das teilbetreute Wohnhaus und die Wohngemeinschaft bis hin zur eigenen Wohnung mit wöchentlicher Betreuungsstunde.
Womit werden die Klient*innen konfrontiert?
Sie werden in ihrer Selbstständigkeit gefördert und lernen bei uns, mit ihrer Erkrankung umzugehen und sich, unterer anderem mit Hilfe von Strukturen und Gesprächen, zu stabilisieren. Immer mit dem Ziel, den Alltag so selbstständig wie möglich zu bewältigen.
Wie muss man sich das vorstellen?
Das kann beispielsweise so aussehen: Eine Klient*in tritt nach einem Klinikaufenthalt ins Wohnhaus Niederuster ein. Meist muss sich die Person erst wieder psychisch stabilisieren und sich an Strukturen sowie tägliche Routinen gewöhnen, sie wird dafür ins Tagesgeschehen einbezogen. Wir suchen regelmässig das Gespräch mit unseren Klient*innen. Möchten gerne wissen, wie es ihnen geht, was bereits gut läuft und wo sie noch Unterstützung benötigen. Gemeinsam mit ihnen entwickeln wir Massnahmen, die zur Stabilisierung, Gesundung und Bewältigung ihres Alltags beitragen.
Was ist der nächste Schritt?
Benötigen Klient*innen nachts keine Betreuung mehr und haben sie eine fixe Tagesstruktur ausserhalb des Wohnhauses, die sie regelmässig selbstständig bewältigen, ist ein Übertritt in eines der beiden weniger betreuten Wohnhäuser möglich. In diesen Wohnhäusern werden sie weiterhin gefördert, eine geregelte Tagesstruktur wahrzunehmen und auszubauen. Hinzu kommen Aufgaben wie Haushaltsarbeiten oder Kochen. Und wo es sinnvoll ist, definieren wir gemeinsam mit den Klient*innen passende Freizeitaktivitäten und wir unterstützen sie bei Administrativem ebenso. Es ist aber auch möglich von allen Angeboten direkt in eine eigene Wohnung zu ziehen.
Einfacher gesagt, als getan, oder?
Oftmals benötigen Klient*innen viel Unterstützung, um morgens mit ihrem Tagesablauf beginnen zu können. Hier ist Geduld gefragt. Das Team tauscht sich regelmässig mit den Klient*innen aus. Gemeinsam definieren sie, was den Weg in die Routine vereinfachen würde. Zudem ist es auch hier das Ziel, die psychische Stabilität weiter zu stärken und mehr Sicherheit in der Alltagsbewältigung zu gewinnen.
Welche Ziele werden jetzt anvisiert?
Der nächste Schritt wäre dann unsere WG, die wir täglich eine Stunde betreuen. Und anschliessend der Umzug in eine eigene Wohnung, wo wir im Rahmen eines begleiteten Einzelwohnens die Klient*innen eine Stunde pro Woche betreuen. In all unseren Angeboten definieren wir Ziele mit unseren Klient*innen, an welchen sie dann arbeiten.
Wo siehst du Erfolgsfaktoren für die Fortschritte der Klient*innen?
Kooperationsbereitschaft – das ist das Wesentlichste in unserer Arbeit: um weitere Ziele erreichen, unser Fachwissen wirkungsvoll einsetzen und eine gute Beziehung zur Bezugsperson und dem Team aufbauen zu können. Das alles hat einen grossen Einfluss auf die Gesundung der Klient*innen. Die Bindung zum Team schafft Vertrauen. Was wiederum zu mehr Selbstvertrauen und Selbstständigkeit führt.
Wie entscheidet Noveos, welche Betreuungsform die passende ist?
Die Klient*innen entscheiden selbst, wann sie in eine andere Wohnform ziehen möchten. In einem gemeinsamen Gespräch finden wir heraus, ob die gewünschte Wohnform passt. Es geht um Fragen wie: Hat die Wohnform eine externe Tagesstruktur? Wie stabil ist die psychische Erkrankung? Reicht die Anwesenheit des Betreuungsteams in diesem Wohnkonzept aus? Kann man all diese Fragen bejahen, kann ein Übertritt stattfinden.
Was ist die schönste Geschichte, die dir deine 10 Jahre bei Noveos geschenkt haben?
Ich freue mich immer sehr über jeden Fortschritt, den Klient*innen machen. Manchmal bringt erst eine Krise einen Fortschritt hervor. Aber wenn ich es an einer Geschichte festmachen müsste, möchte ich diese erzählen. Ich habe eine Klient*in über sechs Jahre betreut, sie hat beinahe alle Wohnformen bei Noveos durchlebt. Aktuell wohnt sie in einer eigenen Wohnung und ich unterstütze sie im Rahmen eines begleiteten Einzelwohnens. Als sie zu Noveos kam, war sie stark paranoid. Zu dieser Zeit hat die Paranoia ihr Handeln stark beeinflusst, ihr Alltag war sehr eingeschränkt. Heute erkennt sie früh, wenn sich die Paranoia anbahnt und weiss genau, was sie tun muss, damit diese wieder verschwindet. Sie lebt ein selbstbestimmtes Leben und kann ihren Alltag gut bewältigen. Es gab Zeiten, in denen sie nicht mehr an eine Besserung glaubte. Doch sie hat es gepackt und kann sich wieder am Leben erfreuen.
Warum machst du diesen Beruf noch mindestens weitere 10 Jahre?
Wahrscheinlich werden es keine 10 Jahre mehr, ausser das Rentenalter wird erhöht ;-) Die Faszination, wie Menschen «funktionieren», was die Psyche hervorbringen kann, vor allem aber auch, wie unterschiedlich Menschen mit ihren Erkrankungen umgehen, hat mich nie verlassen. Sie in diesem Prozess begleiten zu dürfen, mit Ihnen weitere Schritte zur Akzeptanz und der Bewältigung ihrer Situation zu erarbeiten, ist für mich ein schöner, spannender und befriedigender Arbeitsinhalt